Freundlich, höflich oder doch nur grantig?

Da wird die italienische Freundlichkeit und Höflichkeit der Staats- und privatwirtschaftlichen Bediensteten doch immer wieder als nicht oder nur rudimentär vorhanden beschrieben. Legendär sind schon die Manieren der Kellner in den Restaurants. Wenn es möglich wäre, würden sie einem die Antipasti und die Piatti schon von der Theke bzw. Küche aus zuwerfen, nur um sich den Gang zum Tisch zu ersparen. Von der Mimik gar nicht zu sprechen: das Gesicht zur Faust geballt, jeder Gast wird als persönliche Belästigung empfunden.

Auf den Ämtern soll die Situation nicht besser sein. Auch hier wird die Antwort auf jedes Auskunftsersuchen mit einem Gesichtsausdruck begleitet, der einem das Blut in den Adern gefrieren lässt. Eine Vorsprache bei der Polizei aus eigener Initiative steht kurz vor dem Schusswaffengebrauch des diensthabenden Beamten.

Aber stimmt das auch? Oder wird dieses Klischee nur von den Touristen in weißen Socken und Sandalen wahrgenommen und gepflegt?

Wir haben in Apulien mal ganz bewusst die Läden und Gaststätten unter diesem Aspekt unter die Lupe genommen.

Bestätigen kann ich im Grunde genommen nur den mürrischen Gesichtsausdruck der Kellner in den Gaststätten, wobei der Gast denkt das Personal wäre alles andere als höflich.

Aber mir kommt das immer so vor, als ob das in grauer Vorzeit mal eine gesetzliche Vorschrift gewesen war und halt heute immer noch, oft auch noch zum Unwillen des Kellners, gepflegt werden muss. Im Grunde genommen ist die Mimik konträr zum Serviceverhalten. Auf Fragen erhält man umfassende Auskunft und bei einem freundlichen Gesicht ist der Kellner auch schon mal zu einem Scherz aufgelegt. Keine großartige Regung wird nur dann gezeigt, wenn man selbst dahockt wie ein Opferstock oder wenn es um Selbstverständlichkeiten wie das Auflegen von Gedeck, Besteck usw. geht. Und da in den meisten bürgerlichen Gaststätten in Süditalien sowieso nur Wein und Wasser getrunken wird, muss die Getränke-Frage auch nicht noch lang und breit ausdiskutiert werden – Aqua naturale oder frizzante, vino rosso o bianco, basta. Richtig gesprächig und höflich, zuvorkommend werden die Leute, wenn sie merken, dass der Ausländer zumindest ein wenig der Landessprache mächtig ist und der Region und den Leuten gegenüber aufgeschlossen und interessiert ist.

Bahnfahrt in Apulien mit der Ferrovie Sud-Est
Bahnfahrt in Apulien mit der Ferrovie Sud-Est, auch hier ist das Personal äußerst höflich!

Ich erinnere mich da an unsere erste Bahnfahrt. Wir sind es ja im Grunde gewohnt, den Bahnhof von vorne zu betreten, im Innern eine Fahrkarte, egal ob am Schalter oder am Automat, zu kaufen und dann den Bahnsteig zu betreten. Und so wollten wird das auch beim ersten Mal in Ceglie Messapica handhaben. Die Türe, die rein optisch den Hauptzugang signalisierte, war verschlossen. Also daneben die nächste Tür probiert: ebenfalls verschlossen. Na gut, dann wird es ja irgendwo auf dem Bahnsteig einen Automaten geben. Also um das Gebäude herum und auf den Bahnsteig – weit und breit kein Automat. Allerdings hörten wir aus einem Raum Stimmen, zwei Männer hatten eine angeregte Diskussion. Als ich durch die offen stehende Tür trat um zu fragen, wo ich die Fahrkarten kaufen könne sah ich, dass dies der Schalterraum war und der eigentliche Zugang durch den vom Bahnsteig aus zugänglichen Warteraum vorgesehen war. Als der Bahnbedienstete mein radebrechendes italienisch hörte, unterbrach er die Diskussion mit seinem Kollegen und verzichtete auf alle Formalitäten. Während er am PC die Fahrkarte aufrief und ausdruckte erklärte er mir alles, was ich über die bevorstehende Abfahrt wissen muss. Uhrzeit, welches Bahngleis (na gut, es gibt in Ceglie nur zwei Gleise) wo ich umsteigen muss und dass ich mich gerne auch setzen könne um auf den Zug zu warten. Der Bahnbedienstete versicherte mir mehrfach, dass der Zug pünktlich sein wird!

In Deutschland eine Amtsstube sozusagen „von hinten“ zu betreten wäre ein Ding der Unmöglichkeit, in Apulien bekommt man sogar noch einen Stuhl angeboten!